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"Atom-Streit in Wackersdorf | ARD Reportage 2017 | HQ Doku"
"Wutbürger", gesellschaftliche Spaltung, Misstrauen gegen den Staat und die Medien – was klingt wie eine Zustandsbeschreibung der Gegenwart beschreibt erstaunlich treffend auch ein prägendes Ereignis der deutschen Geschichte: Die Eskalation des Konflikts rund um die WAA in Wackersdorf in den späten 1980er Jahren.
Die Dokumentation "Atomstreit in Wackersdorf – Die Geschichte einer Eskalation" rekonstruiert 30 Jahre nach dem "Blutigen Herbst" von 1987 die dramatische und teilweise äußerst gewalttätige Zuspitzung rund um die WAA und illustriert dabei auch die politisch-gesellschaftliche Gemengelage, aus der es zu einer solchen Radikalisierung kommen konnte. Es werden Verbindungen zu den Widerstandsbewegungen in Gorleben und an der Frankfurter Startbahn West aufgezeigt – und zur Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, die der Anti-Atom-Bewegung viel Zulauf verschaffte.
Die Entstehung der Protestbewegung
Dabei kommen zahlreiche Akteure der Jahre 1985-1989 ausführlich zu Wort: Irmgard Gietl, eine Hausfrau aus der Umgebung der WAA, die bereits Großmutter ist, als sie sich politisiert; Hans Schuierer, der als Landrat von Schwandorf zunächst für die Anlage ist und sie später umso entschiedener bekämpft; und schließlich Peter Gauweiler, der von Franz Josef Strauß in die Oberpfalz geschickt wird, um die Proteste dort unter Kontrolle zu bekommen.
Selten war die Gesellschaft so gespalten, wie in diesem Moment. Und nirgends zeigt sich diese Spaltung klarer als in den Gemeinden rund um Wackersdorf. Traditionell ist die Gegend eine absolute CSU-Hochburg: Konservativ und alles andere als aufmüpfig. Auch als die WAA kommen soll, stehen die meisten Bürger dem Projekt positiv gegenüber. Doch die massiven Polizeieinsätze verunsichern die Bürger und vor allem die Bauern der Umgebung. Als einige von ihnen Demonstranten bei sich übernachten lassen, werden auf ihren Höfen Razzien durchgeführt. Im Laufe der Zeit schließen sich immer mehr Anwohner der Protestbewegung an.
Gewalt gegen Protestierende
Kulminationspunkt der Dokumentation ist der 10. Oktober 1987, als die Proteste rund um die WAA ihren blutigen Höhepunkt erreichen: Eine von der bayerischen Staatsregierung angeforderte Berliner Spezialeinheit knüppelt am Bauzaun Demonstranten nieder und unterscheidet dabei nicht zwischen gewaltbereiten Chaoten und ganz normalen Bürgern. Die Öffentlichkeit ist entsetzt, die Staatsregierung wiegelt ab, Beobachter sprechen von "Bürgerkrieg".
Keine zwei Jahre später wird das Projekt Wackersdorf aufgegeben. Zahlreiche heftige Proteste hat es überlebt – nicht jedoch den Tod seines größten Förderers, Franz Josef Strauß. Doch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen des nie vollendeten Großprojekts prägen die Region bis heute.