Reinhard Mey - Über den Wolken 1974
Wind Nord-Ost, Startbahn null-drei,
bis hier hör ich die Motoren.
Wie ein Pfeil zieht sie vorbei,
und es dröhnt in meinen Ohren.
Und der nasse Asphalt bebt,
wie ein Schleier staubt der Regen,
bis sie abhebt und sie schwebt
der Sonne entgegen.
Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.
Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man,
blieben darunter verborgen, und dann,
würde, was uns gross und wichtig erscheint,
plötzlich nichtig und klein.
Ich seh' ihr noch lange nach,
seh'sie die Wolken erklimmen,
bis die Lichter nach und nach
ganz im Regengrau verschwimmen.
Meine Augen haben schon
jenen winz'gen Punkt verloren,
nur von fern klingt monoton
das Summen der Motoren.
Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.
Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man,
blieben darunter verborgen, und dann,
würde, was uns gross und wichtig erscheint,
plötzlich nichtig und klein.
Jeztz ist alles still, ich geh.
Regen durchdringt meine Jacke.
Irgendjemand kocht Kaffee
in der Luftaufsichtsbaracke.
In den Pfützen schwimmt Benzin,
schillernd wie ein Regenbogen,
Wolken spiegeln sich darin,
ich wär' gerne mitgeflogen.
Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.
Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man,
blieben darunter verborgen, und dann,
würde, was uns gross und wichtig erscheint,
plötzlich nichtig und klein.