Mehrere Tage in Folge liegt nun schon eine dichte Smog-Glocke über rund zwei Dutzend Großstädten in China. PM2.5 heißen die schlimmsten Übeltäter, es sind kleinste Feinstaubpartikel, die in die Lunge vordringen und dort Schaden anrichten können. 3,7 Millionen Menschen sterben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO jährlich an den Folgen der Feinstaubbelastung. Mehr als 400 Mikrogramm PM2.5 pro Kubikmeter Luft wurden Stellen in Beijing gemessen, die WHO gibt einen Wert von 10 Mikrogramm als unbedenklich an.
Priorities. In Henan, children take an exam outdoors in the smog. https://t.co/gK58PteksN pic.twitter.com/yyhjJ5fR7k— Chris Buckley 储百亮 (@ChuBailiang) 20. Dezember 2016
Lernen trotz Feinstaub: Chinas Kinder unter der Smog-Glocke
In Europa kennen wir diese Feinstaubpartikel vor allem vom Autoverkehr in den Städten. Aber China hat noch ein weiteres großes Problem: veraltete Industrieanlagen, die die Luft in dem wirtschaftlich boomenden Land stark verschmutzen. “Wir sehen heute die Folgen der Sünden, die wohl eine ganze Generation begangen hat”, so Bernhard Schwartländer, Gesandter der WHO in China, “es war eine rasante Entwicklung, in der die Umwelt keine große Rolle gespielt hat.”
Die Regierung versucht derzeit, das akute Problem in den Griff zu bekommen. Wie der staatliche Fernsehsender CCTV berichtet, wurden allein am Dienstag mehr als 200 Flüge in Beijing gestrichen. Das Umweltministerium schickt Kontrolleure auf die Straßen, die den Autoverkehr reduzieren sollen. Außerdem werden Fabriken überprüft, um die Einhaltung von Vorschriften zu gewährleisten. Bereits in den vergangenen Monaten hatte das Ministerium Unternehmen angeprangert, die bei vorangegangenen Smog-Alarmen ihren Schadstoffausstoß nicht reduzierten. Zudem wurden lokale Behörden beschuldigt, bei der Überwachung schlampig gearbeitet zu haben.
Kratzen an der Oberfläche des Problems
“Die Maßnahmen der Regierung sollten umfassend sein”, fordert Wang, ein Bürger in Beijing. “Sie sollten nicht nur Fabriken stilllegen und den Autoverkehr beschränken, wenn es gerade Smog-Alarm gibt. Damit kratzen sie nur an der Oberfläche.”
“Die Regierung versucht das nicht zu vertuschen”, so WHO-Mann Schwartländer, “jeder redet darüber, der Ministerpräsident hat der Verschmutzung den Krieg erklärt und es gibt viele Investitionen, mit denen die Luftqualität verbessert werden soll.” Seit 2014 versucht die chinesische Regierung, das Problem grundlegend anzugehen, aber die Aufgabe scheint fast unlösbar. Die Region Beijing hat nach Angaben von CCTV ihre eigenen PM2.5-Emissionen in den vergangenen vier Jahren bereits um ein Viertel gesenkt; dennoch sind auch dort noch 70 Prozent der Belastung mit PM2.5 ein hausgemachtes Problem. Diese Zahlen zeigen aber auch, dass ein nicht geringer Teil des Feinstaubs von außerhalb kommt. Die Luftbewegungen treiben ihn aus umliegenden Regionen nach Beijing. Bei ungünstigen Wetterbedingungen setzt er sich dort tagelang fest.
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