In Italien sind zwei mutmaßliche Schlepper wegen eines Unglücks mit mindestens 700 Ertrunkenen Flüchtlingen und Migranten zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Beide Männer hatten auf unschuldig plädiert.
Ein 28-jähriger Tunesier, der den völlig überladenen Kutter nach Ansicht des Gerichts im sizilianischen Catania steuerte, muss 18 Jahren in Haft – wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung, Herbeiführung eines Schiffsbruchs und Menschenschmuggels. Sein 26-jährige Mitangeklagter muss wegen Menschenschmuggels fünf Jahre ins Gefängnis. Beide sollen zudem eine Geldstrafe von je neun Millionen Euro bezahlen.
Laut Beobachtern ist das Strafmaß im Vergleich zu anderen italienischen Urteilen wegen fahrlässiger Tötung hoch. Politiker bezeichneten das Urteil als Signal an Menschenschmuggler, dass die angedrohte Strafverfolgung funktioniere.
Auch die Anklage lobte das Urteil als abschreckendes Beispiel: “Natürlich stellt dieser Schuldspruch ein Präzedenzurteil dar und hat für all jene, die unter dieser Art von Missbrauch und Misshandlung leiden, einen symbolischen Wert”, so Anwalt Giorgio Forestieri, der einige geschädigte Parteien vertrat.
Die Verteidiger der beiden Verurteilten wollen nun Berufung einlegen. “Wir denken, dass wir starke Argumente haben und wir werden versuchen, an einigen Schwachpunkten unserer Verteidigung zu arbeiten”, so Anwalt Massimo Ferrante. “Wir werden versuchen, im Berufungsgericht überzeugender zu sein.”
Der Vorfall im April 2015 gilt als die bislang schlimmste Flüchtlingskatastrophe auf dem Mittelmeer. Der mit hunderten Menschen beladene Fischkutter war auf dem Weg nach Italien gut 130 Kilometer von der libyschen Küste entfernt in Seenot geraten. Der Kapitän soll zunächst falsch manövriert haben. Als ein Frachtschiff zur Rettung auf den in Seenot geratenen Kahn zusteuerte, verlagerte sich wegen der panischen Menschen das Gewicht, so dass das Schiff endgültig kenterte und sank.
Das Wrack wurde inzwischen vom Grund gehoben, die Zahl der Todesopfer ist aber noch nicht abschließend geklärt: Das Gericht sprach von mindestens 700, die Marine von 800 bis 900 Ertrunkenen.