In der kommenden Woche beginnen die Anhörungen der künftigen Kommissare vor dem Europaparlament. In einigen Fällen gab es bereits im Vorfeld Kritik, so in dem des Briten Jonathan Hill, der das Portfolio Finanzdienstleistungen übernehmen soll. “Kann man die Regulierung des Finanzsektors wirklich einem früheren Lobbyisten aus Großbritannien anvertrauen?”, fragt der belgische Grünen-Abgeordnete Philippe Lamberts. “Offensichtlich ist er nominiert worden, um für die britische Regierung die Interessen der Finanzmetropole London zu vertreten.” Auch zu dem ungarischen Kandidaten Tibor Navracsics wurde Kritik laut. Als Justizminister stimmte er unter anderem der umstrittenen Justizreform zu. “Ein Gefolgsmann Orbans soll das Ressort Kultur und Bürgerschaft übernehmen? Die Regierung in Budapest verachtet die europäische Bürgerschaft. Das ist unvereinbar”, meint Lamberts. Die frühere Ministerpräsidentin Sloweniens, Alenka Bratusek, hat sich selbst für die EU-Kommission vorgeschlagen.
“Entscheidungen können erst danach getroffen werden”, urteilt der italienische Mitte-links-Abgeordnete Gianni Pitella. “Zuerst gibt es die Anhörungen, danach eine Evaluierung. Zum Schluss entscheidet man sich für oder gegen einen Kommissar oder für eine Änderung des Portfolios.” Der Spanier Miguel Arias Canete, der Energie- und Klimakommissar werden soll, ist Teilhaber zweier Ölfirmen. “Allerdings gibt es bei uns auch keine Vorverurteilungen”, betont Manfred Weber, Chef der Mitte-rechts-Fraktion im Europaparlament. “Jeder hat eine faire Chance verdient, egal woher er kommt und egal welches Dossier er bekommen soll.” Pierre Moscovici, heißt es, habe als Finanzminister nichts für die Verbesserung der Haushaltslage Frankreichs getan. Er kandidiert als Wirtschaftskommissar. Die Anhörungen enden am 7. Oktober. Danach stimmt das Parlament über die Kommission in ihrer Gesamtheit ab.