Lex Soraya und die Pressefreiheit in der Bundesrepublik: Welchen Zündstoff diese Konstellation in sich barg und was sie Ende der 50er Jahre bewirkte, lesen Sie hier:
Soraya und die Pressefreiheit in der Bundesrepublik
Noch in der Normalisierungsphase der Beziehungen Irans zur jungen Bundesrepublik kursierten Meldungen, Irans Schah Mohammed Reza Pahlavi hätte kurz nach der Scheidung von seiner ersten Frau Fawzia Gefallen an einer jungen Frau mit deutschen Wurzeln gefunden. Er und Soraya heirateten am 12. Februar 1951.
Die deutsche Boulevardpresse strickte eine Erfolgsstory, die mit Soraya eine „Deutsche auf den Pfauenthron“ hievte. Am 6. April 1958 folgte aber schon die Scheidung. Die Presse beklagte sie bitterlich.
Soraya, Lex Soraya und die Pressefreiheit in der Bundesrepublik
Mit der Reportage „Tausend und eine Macht“ brachte die Hamburger Illustrierte „Der Stern“ am 19. April 1958 den Stein des Anstoßes ins Rollen. Zwar wurde Partei ergriffen für Soraya, doch mehr als Aufhänger, um die Misswirtschaft in Iran und die Verschwendungssucht am kaiserlichen Hof anzuprangern. Der Protest aus Teheran folgte umgehend, verbunden mit dem Verlangen, strafrechtlich gegen den „Stern“ und die verantwortlichen Redakteure vorzugehen. Außenamtschef Heinrich von Brentano beschwor sofortigen Handlungsbedarf, und im Bundeskabinett kam man überein, den Ehrenschutz fremder Staatsoberhäupter zu verstärkten. Eigens dafür sollte ein neuer Paragraph ins Strafgesetzbuch. Dieser neue Paragraph 103a. sollte der Presse feste Zügel anlegen. Lex Soraya betrat nun die politische Bühne, die Soraya selbst schon verlassen hatte.
Ohne Soraya; Lex Soraya und die Pressefreiheit in der Bundesrepublik
Was hatte Adenauer, Brentano und andere im Bundeskabinett nun so umtriebig werden lassen?
Die Sorge, Iran könnte kommunistisch zu werden?
Die Aussicht, Iran würde sich womöglich der DDR zuwenden oder
dass andere diktatorische Regimes dem iranische Beispiel folgend Bonn mit Protesten regelrecht überziehen würden?
Offensichtlich glaubte man in Kreisen des Bundeskabinetts, nach der Steilvorlage aus Teheran nun ein probates Mittel gefunden zu haben, um mit Beschwörung der Staatsräson vor allem über die im Land vonstatten gehende Militarisierung und Renazifizierung ein Mantel des Schweigens hüllen zu können. Die Presse ließ sich jedoch nicht in die Schranken weisen. Am Ende des Kräftemessens verschwand Lex Soraya in der Versenkung, ohne je Gesetzeskraft erlangt zu haben.
In ihrem Jetset-Leben fand Soraya danach keine Erfüllung. Am 25. Oktober 2001 verstarb sie in Paris. Auf dem Westfriedhof in München fand sie ihre letzte Ruhe.
Bilder:
Grafik CC von: wikimedia public domain in Egypt
Grafiken CC von: wikimedia public domain in Iran
Grafiken CC von: Konrad-Adenauer-Stiftung
Grafik CC von: wikimedia Bundesgesetzblatt I
Grafik CC von: Mutter Erde
Musik:
Lizensiert bei Animoto
Berlin, den 20.8.2014
Dr. Klaus Jaschinski