Die Reihe "Märchen & Sagen - Botschaften aus der Wirklichkeit" präsentiert die Erkenntnisse von Wissenschaftlern zu den überlieferten Geschichten von Schneewittchen, Sterntaler und dem Rattenfänger, zu deren verschlüsselten Botschaften und historischen Hintergründen.
Am 26. Juni 1284 verschwanden aus der stolzen Kaufmannsstadt Hameln 130 Kinder auf mysteriöse Weise. Das Ereignis erschütterte die Bürger derart, dass sie von da für ihre Gemeinde die Zeitrechnung "nach dem Ausgang unserer Kinder" einführten. Obwohl das präzise Datum und die Anzahl der Vermissten in allen Dokumenten identisch verzeichnet sind, blieben die Hintergründe nebulös.
Von Anbeginn nährte die unglaubliche Geschichte Spekulationen aller Art. Chroniken, Mirakelbücher und Flugblätter künden von jenem geheimnisvollen Mann im bunten Rock, der seit Jahrhunderten Schlagzeilen macht und noch heute als Markenzeichen für Hameln ein lukrativer Wirtschaftsfaktor ist.
Als "wunderlich" bezeichnen ihn die Brüder Grimm, die den Stoff 1816 unter dem Titel "Die Kinder zu Hameln" in ihre Sagensammlung aufnahmen und sich auf elf verschiedene Quellen beriefen. Der Fremde gab sich als Rattenfänger aus und versprach, gegen Entgelt die Stadt von allen Ratten und Mäusen zu befreien.
Tatsächlich lockte er einen riesigen Haufen der unerwünschten Nager an die Weser - allein mit den Tönen seines Pfeifchens. Die Tiere stürzten sich ins Wasser und ertranken. Von der lästigen Plage befreit, verweigerten die Verantwortlichen jedoch den vereinbarten Lohn. Zornig verschwand der Spielmann, kehrte aber bald darauf zurück - mit rotem Hut und in der Kleidung eines Jägers.
Als er seine betörenden Klänge in den Gassen hören ließ, sammelten sich viele Kinder um ihn. Nach Aussagen von Augenzeugen führte er sie aus den Mauern hinaus in die Felder und dann direkt in einen Berg. Dort verliert sich ihre Spur.
Um den rätselhaften Entführer von Hameln rankt sich eine merkwürdige Story zwischen Fiktion und Fakten, zwischen crime und mystery. Keine andere Sage wurde über mehr als 700 Jahre immer wieder neu interpretiert und derart vielfältig umgesetzt - sei es in Literatur, Musik oder Malerei.
Der ausgewiesene Rattenfänger-Experte Dr. Norbert Humburg bringt es auf den Punkt: "Durchaus werden historische Stoffe in ein erzählerisches Kleid gesteckt und - je nach Talent des Erzählers - mit phantastischen Zusätzen aufgepeppt. Dabei kann die historische Botschaft sehr stark ins Hintertreffen geraten. Dass aber immer eine historische Botschaft zugrunde liegt, ist für mich vollkommen klar."
Nach diesen versteckten Botschaften zu suchen und dennoch den Zauber nicht zu vergessen, hat sich der Film zur Aufgabe gemacht.